(English version follows below)
Wie gut, dass ich nicht erwartet habe mich in den sechs Tagen fern von zu Hause zu erholen und auszuruhen. So langsam forderten die kurzen Nächte nämlichen ihren Tribut, und auch die letzte war leider nicht besonders lang. Ich hatte den Fehler begangen, am Abend noch Chai Tee zu trinken, der mich bis lange nach Mitternacht wach hielt. Als ich endlich kurz vorm Einschlafen war, fiel mir doch ein, dass ich mir nicht die Füße gewaschen hatte…nach meiner Barfuß-Aktion im Tempel war das tatsächlich ein Grund nochmal aufzustehen (was bei anderen Familientmitgliedern auf Unverständnis stößt…).
Am Morgen des 5. Tages musste ich noch dazu um sechs Uhr aufstehen, denn ich wollte nach Agra zum Taj Mahal fahren. Da ich den Verkehr in Delhi an einem Montagmorgen nicht einschätzen konnte, hatte ich mir ein Uber mit entsprechend viel zeitlichem Puffer bestellt und war überpünktlich am Bahnhof Nizamuddin, von wo aus der Schnellzug nach Agra abfuhr. Der Zug ist eine prima Sache, denn er braucht nur 1,5 Stunden, wohingegen man mit dem Auto drei bis vier Stunden einplanen muss. So fuhr ich also Richtung Süden, vorbei an vielen Wellblechhütten, vor denen auf offenem Feuer Frühstück gekocht wurde, und großen Feldern. Die Sonne war wegen des morgendlichen Nebels, aber auch wegen des Smogs nur verhalten zu sehen. Nach einer Weile döste ich ein – ich fühlte mich sehr müde und etwas schwummrig.
In Agra am Bahnhof war ich heilfroh, dass Karsten im Internet eine Seite mit Touristenguides gefunden hatte, die einen direkt am Zug abholen und zum Taj Mahal fahren. Sobald man aus dem Zug aussteigt, wird man umringt von einer Horde Männer, die versuchen, einen zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten (allen voran dem Taj Mahal) zu bringen. Hier braucht man entweder starke Nerven, Abgebrühtheit oder eben einen lokalen guide, ansonsten wird der Ausflug ganz schön anstrengend.
Nachdem wir uns erstmal durch die Touristenfängermeute gekämpft hatten, ging es los zum Taj Mahal. Noch im Sommer hätte ich ja nicht zu träumen gewagt, dass ich dieses Bauwerk noch vor Ende des Jahres einfach so mal besuche. Der Taj Mahal (übrigens kein Palast, sondern ein Grabmal, das der Großmogul Shah Jahan für seine Lieblingsfrau bauen ließ) gehört ja nun wirklich zu den bekanntesten Orten der Welt und zieht jedes Jahr Milionen von Besuchern an. Trotz dieser zahlreichen Touristenströme ist und bleibt es wirklich ein atemberaubender Ort (und das nicht nur wegen des Smogs), der einen nachhaltig beeindruckt.

Der Klassiker / the classic view

Die Minarette sind übrigens alle mit einem leichten Winkel nach außen gebaut worden, so dass sie im Falle eines Erdbebens nicht auf das Gebäude fallen / The minarets are built with a slight angle towards the oustide, so that, in case of an earthquake, they wouldn’t destroy the moument
Ein Grund, weshalb das Mausoleum so eine Wirkung entfaltet, ist seine exakte Symmetrie. Egal, von welcher Seite man es betrachtet: es ist symmetrisch. Der weiße Marmor sieht wunderschön aus, und wahrscheinlich macht er sich vor einem blauen Himmel noch viel besser, aber leider ist auch in Agra der Himmel im Winter dunstverschleiert, obwohl es für die Industrie zahlreiche Auflagen gibt. Im Prinzip ist jegliche größere Industrie sogar verboten, und man darf mit dem Auto auch nicht direkt zum Taj Mahal fahren, aber gegen das Abbrennen der Felder kommt man anscheinend doch nicht an. Deswegen färbt sich der weiße Marmor gelb, und seit einigen Jahren wird der Taj Mahal gereinigt (per Hand, um nichts zu zerstören) – daher der leichte Farbunterschied zwischen Kuppel und Wänden.
Mein guide wartete immer wieder mit interessanten Details auf, was sehr praktisch war, denn ich hätte mir wahrscheinlich nicht alles vorher durchgelesen. Anfangs war es allerdings etwas gewöhungsbedürftig – normalerweise bin ich diejenige, die die Leute rumführt. 🙂 Ein bisschen enttäuscht schien der guide, weil ich den vor Ort arbeitenden professionellen Fotografen klar gemacht habe, dass ich keine zehn verschiedenen Fotos von mir vor dem Taj Mahal brauche, sondern maximal eines zur Erinnerung möchte. Nachdem aber der Fotograf verärgert abgedampft war, fühlte sich mein Begleiter dafür verantwortlich, dass ich auf meinen Fotos zu sehen bin, und er fragte immer öfter nach der Kamera. Beim Lady-Di-Foto habe ich mich dann doch verweigert.
Früher muss der Taj Mahal übrigens wesentlich bunter gewesen sein, weil unter anderem noch viel mehr Edelsteine verarbeitet waren, die leider diversen Raubzügen zum Opfer gefallen und am Ende in den Taschen des einen oder anderen englischen Kolonialherren gelandet sind. Aber die Marmor-Intarsien, die noch vorhanden sind, geben einen kleinen (und sehr beeindruckenden) Einblick, wie es früher ausgesehen hat. Im Inneren gibt es Blumenintarsien, die aus über 40 einzelnen Blütenblättern bestehen, alle handgeschliffen (hach, ich könnte noch viel mehr über das Mausoleum erzählen, das würde aber den Rahmen sprengen).
Nachdem wir entspannt über das Gelände gelaufen waren, war mir leider ziemlich schlecht und ich konnte nicht genau sagen, ob es durch ein Mittagessen besser oder schlechter werden würde. Wir legten einen Zwischenstopp in einem sehr leckeren Restaurant ein, wo ich schweren Herzens nur wenig vom Buffet essen konnte (bezahlen musste ich trotzdem). Mein guide hingegen futterte munter drauf los und war auch sonst recht vergnügt. Ich hingegen hätte mich liebend gern auf dem Rücksitz des Autos zusammengerollt.
Im Anschluss klapperten wir vier Geschäfte mit unterschiedlichen Kunsthandwerken ab. Darauf muss man sich wahrscheinlich einstellen, wenn man eine Tour bucht. Während ich bei den ersten noch klarmachen konnte, dass ich zwar das Handwerk faszinierend finde, aber leider nicht die finanziellen Mittel habe um einen handgeknüpften Teppich zu kaufen (nein, auch keinen ganz kleinen!), hat mich das letzte so beeindruckt, dass ich mit meinem restlichen Geld (Kreditkarte hatte ich zu meiner Freude und zum Unverständnis aller Verkäufer in Delhi gelassen) einen kleinen Marmorelefanten für die Daheimgebliebenen gekauft habe. Elefanten bringen nämlich Glück, und besagtes Geschäft war eine Kooperative, um das traditionelle Herstellen der Marmorintarsien zu fördern. Für diese Intarsien braucht man einen shaper (zum Formen der Edelsteine) und einen carver (zum Schnitzen des Marmors, in den die Edelsteine dann eingebettet werden), und die Techniken, die dort gelehrt werden, sind die gleichen, mit denen auch im 17. Jahrhundert der Taj Mahal gebaut wurde. Obwohl ich normalerweise gar nicht der Typ für solche Art von Möbeln bin, so war ich von den verzierten Marmortischen echt begeistert und seltsam berührt- die sahen einfach wunder-, wunderschön aus! Würde man die gleichen Tische unter gleichen Bedingungen in Deutschland herstellen (alles Handarbeit!), dann wären sie vom Preis her unverkäuflich. (In Agra kostet so ein Tisch ca 400 Euro und die Verschiffungskosten werden durch die UNESCO erlassen). Fotos durfte ich dort allerdings nicht machen.
Als zweiten Höhepunkt des Tages haben wir uns noch das Agra Fort angeschaut, in dem die Großmogule im 17. Jahrhundert residiert haben. Das ist zwar nicht aus weißem Marmor, sondern aus rotem Sandstein gebaut, ist aber ebenfalls sehr beeindruckend. Mein guide hatte inzwischen so viel Gefallen an meinem Fotoapparat gefunden, dass ich immer weniger Möglichkeit hatte selber Fotos zu machen. Aber auch hier hat er immer wieder interessante Details zum Besten gegeben und wir hatten Spaß, vor allem, als wir unsere Erfahrungen als Reiseleiter austauschten (falls hier jemand aus Australien mitliest: es tut mir leid, aber die Australier sind leider weltweit für die schlechtesten Trinkgelder bekannt….).

Unbeschönigt: der Blick zum Taj Mahal / The view of the Taj, with smog

Mein guide wurde experimentell / my guide started to experiment with my camera
Am Spätnachmittag fuhr ich dann mit dem Zug zurück nach Delhi. Ein kurzer Sorgenmoment angesichts meines fast leeren Handyakkus wurde behoben, da ein netter indischer Familienvater mir sein Ladekabel für die Zugfahrt lieh, so dass ich abends in Delhi auch wieder wohlbehalten mit einem Uber im Hotel ankam (wobei es ein recht schwieriges Unterfangen ist, im Dunklen in dem allgemeinen Verkehrschaos vor einem indischen Bahnhof das Auto mit dem richtigen Kennzeichen zu finden!). Abends fiel ich ziemlich geschafft, mit Kopfschmerzen und grummelndem Magen ins Bett.
****************************************************************************************
Well, it’s a good thing I didn’t expect to get a week full of relaxation and rest. Slowly but steadily, the short nights started to wear me down, and the last night wasn’t an exception as I had made the mistake to drink a cup of chai tea before going to bed, which kept me awake until after midnight. When I was finally falling asleep, I suddenly remembered that I forgot to wash my feet….after my visit in the Hindu-Tempel it was indeed a reason to get up again (an action which is unfortunately not understood by all of my family members…).
On the morning of the 5th day, I had to get up early as I wanted to go to Agra to visit the Taj Mahal. Since I couldn’t really say how much traffic I’d face on a Monday morning in Delhi, I ordered an Uber earlier than necessary and arrived at the Nizamuddin train station with enough time to drink a coke before entering the train. There is a direct fast train from Delhi to Agra which only takes 1,5 hours whereas you need to plan at least 3 to 4 hours by car for one way. So, shortly after 8am I was on my way south, passing small corrugated metal huts where people were cooking breakfast over an open fire. The sun was barely visible, which was on the one hand due to the morning fog, but on the other hand due to the smog. After a while, I fell asleep – I felt really tired and sick.
When I arrived at the train station in Agra, I was very grateful that Karsten had found a tourist guide agency in Agra, so I had a guide picking me up directly at the train and driving me to the Taj Mahal. Once you get off the train in Agra, you are surrounded by a crowd of taxi drivers, tuktuk drivers and guides who try very hard to convince you of their services. Either you need strong nerves or you should be experienced and hard-boiled – or you should have a guide at your side, otherwise Agra will exhaust you very much.
Once we passed the crowd of drivers and guides, we went to the Taj Mahal. A few months ago, I would have never expected that I would stand in front of this amazing monument before the end of this year. The Taj Mahal (which is no palace, by the way, but the tomb that the great mogul Shah Jahan had built for his favourite wife) is one of the most popular sights in the world and attracts millions of visitors each year. But despite the never ending flow of tourists, it stays a remarkable and breathtaking place.
One reason for the incredible beauty of the Taj Mahal is its exact symmetry. No matter from which side you look at it: it’s symmetrical. The white marble looks beautiful and I am sure it looks even greater in summertime when the sky is in fact blue and not grey due to the smog. Agra already has a lot of restrictions regarding industrial development (in fact, there is basically no industrial development allowed around the city) and cars are forbidden in the close proximity of the Taj, but the smog continues to be a thread because of the traffic and the burning of the crop in wintertime. Slowly, it turns the white marble yellow, and there is some cleaning work going on right now which is the reason why the dome has a different colour than the rest. The cleaning is, by the way, done entirely by hand in order to work as careful as possible.
I was quite happy to walk around with a guide, even though I had to get used to it at first (normally, it’s me who is guiding). But he told me so many interesting details which I probably wouldn’t have read beforehand. He seemed a little disappointed though when I refused to hire one of the local photographers who offer to take ten or more different pictures of you and the Taj. When I insisted that one picture would be totally sufficient, the photographer left (a little bit annoyed), and my guide suddenly felt the responsibility to take pictures of me. I stopped him when it was about posing for the Lady Di picture 🙂
When it was built, the Taj Mahal must have been much more colourful than today, by the way. Apparently, there were much more gems used as decoration, which ended up in the bags of the british Colonial masters. But the gems which are still there give you a small (and impressive) insight about the former glory and value of this place. Especially inside the mausoleum, there are flowers made of more than 40 different petals, all gems shaped and carved into the marble by hand.
After walking around the Taj, I unfortunately felt really sick and I couldn’t really say whether lunch would make it better or worse. We stopped at a very nice restaurant which I would have had enjoyed very much, but on this day I was only able to eat some rice and chicken (while my guide happily tried a variety of the buffet, which I had to pay for anyway).
Afterwards, we visited four different craftsmen shops. I guess, it’s something one has to deal with when booking a guided tour. While I was able to convince the first craftsmen that I find their work fascinating, yet I don’t have the financial means to buy a hand-knotted carpet (no, not even a small one), I was so impressed by the last one that I collected all my money that was left and bought a small marble elephan with gem inlays for my family back home. In India, elephants are a sign of good luck, and the shop was a cooperative which supported the apprenticeship for the traditional marble inlays. For these inlays, you need a shaper (who shapes the gems by hand) and a carver (who carves the marble by hand so that the gems can in included), and both craftsmen still work the same way the workers in the 17th century did. Although I’m normally not the type of person who would buy marble furniture, some of the decorated tables they showed were truly, truly beautiful and I felt strangely touched. If you would produce the same type of table in Germany, using the same techniques (handmade!), you wouldn’t be able to actually sell them because they would be far to expensive. In Agra, one table costs around 400 Euros and the shipping fee is covered by UNESCO in order to support the craftsmenship. Unfortunately, I wasn’t allowed to take any pictures.
The second highlight of the day was our visit of the Agra Fort, which used to be the official palace of the mogul emperors in the 17th century. Though it is not built out of white marble, the red sandstone is almost equally impressive and there are some fine decorations. My guide got more and more interested in my camera, so that I was rarely allowed to take pictures myself. But he also told me a lot of interesting details again and we had a lot of fun comparing our guiding experiences (if you are an Australian reading this: please note that Australians have a terrible repution worldwide when it comes to tipping guides :-).
In the late afternoon, I took the train back to Delhi. There was a short moment of panik when I discovered that the batterie of my mobile phone was almost dead though I needed it to get an Uber. But a very friendly Indian father lent me his charger for the train ride, so that I managed to make my way back to the hotel safe and sound (though finding the Uber with the right license plate in the chaotic traffic in front of a train station is a very challenging undertaking, I assure you!). I went straight to bed, with a headache and a rumbling stomach.